BRIEFKASTEN
Lieber Lager-Onkel ’
Des Rauchen, wie das Schnupfen und das Scheitelkammen sind halt auch nichts weiter als soviele dumme zlngewohrdieiten des 1 enschen. Kein Tier und kein anderes -esen hat je von sich selbst nach einer Zigarre gegriffen, geschweige denn einen besonderen L'ode-Fummel angenommen.Aber selbst der Hauch, der, sei es vom Mund in die Rohe Oder von den NasenlHchem berab, strbmt, mag selbst die Sterne erinnem — Rier steht er, der Konig und Herr der Veit. — Vom Rauchen kann ich Dir wohl kaum etwas Neues ar zahlen; so will ich Dich denn anstatt dessen mit der Schnupftabaksdose vertraut machen. Schnupfen ist keineswegs ein Ding der Vergangenheit, obwohl es in vomehmeren Kreisen nicht mehr so popular ist wie friiher. Wo die Prise heutzutage noch viel beliebt ist, ist hauotsachlich in den Schuh-, Leder- und Baumwollfabriken unc in hlektrizitats-Setrieben; und was selbst heutzutage von dem "goldenen Staub” noch alljahrlich genossen wind, belauft sich in die Tonnen.
Aroma und T’erbe des Schnupftabaks sind fast mit jedem L?nde verschieden. In Deutsch® land und FrankreicV. is| es eine dunkle f orte, die von im Lande gezuchtetem Tabak hergestellt wird. Der belgische Schnupftabak ist bekannt durch seinen Pfeffermunz-Geschmack. Der Iriander zieht den weissen Schnupftabak vor,der von den Rippen der Tabaksblatter hergestellt wird; und der Schotte nimmt wiederum mit einer ande® ren Sort© vorlieb.
Wie Rauchtabak, so war auch Schnupftabak erstmals ein Luxusartikel, den sich rur reiche® re Leute leisten konnten. Ja, es ging sogar so weit, im 17. und 18. Jahrhundert, dass ran das Vermbgen sowie die Zrziehung eines blannes schon allein an seiner Schnupftabaksdose und der Art und Weise, wie er damit umzugehen waste, schatzen konnte. Damals war das Schnupfen in diplomatischen und finanziellen Xreisen un= erlasslich, und der Franzes© Talleyrand sagte, dess alle Diplomaten eine Prise nehmen sollten, um ihnen Zeit zunTDenken zu geben. - Ja, alle beriihmten Staatsmanner und Feldherren seiner Zeit waren dem Schnupftabak ergeben, und als von 1 oltke aus Sedan marschierte, war sein Ge® brauch davon so gross, dass im deutschen iCriegsministeriun ein besonderer Antrag fiir ihn gestellt und erlaubt wurde. - Rbenfalls nahmen Geschenke fiir Aussenminister seiner Zeit moistens die Form einer Schnupftabaksdose
an. Schnupftabeksdosen wurden aus den ver® schiedersten Paterialien hergestellt. Selbst Pergaraent, Porzellan und Fein-Metall wurden dazu beniitzt, und solch wohlbekannte Kunstler der Zeit wie Greuze und Petitot wurden bestellt, um sie zu verzieren. Selbst Schnupftabakskeller wurden ebenso sorgfaltig angelegt wie es heute noch mit Bier und Vein der Fall ist, und manche alten Sorten der Zeit sind selbst heute noch zu bekommen, soweit die Vorr te von den Bornben verschont geblieben sind. Dass solche "Delikatessen” kostspielig sind, wird sich verstehen.
Die Herstellungsmethoden des Schnupftabaks haben sich bis auf heute nur wenig geandert. Die geheimen Verfahren warden gewohnlicn von Geschlecht auf Geschlecht iiberliefert, und we= nig sind die Gaste,,die beim besuch dieser Fa* briken in dies© Geheimniss© eindringen <urfen.Durch einen Garungsprozess werden die schen Eigenschaften des Tabaka abgesondert.Die Blatter werden angefeuchtet, in Streifen ge« achnitten und dann in grossen Kufen verstaut. Burch die natiirliche Hitze, die der Tabak dort erzeugt, verdunsten die narkotischen hie, die sonst berauschend auf die Geniesser wirken wiir* den. ‘Ausserdem darf, neben Zusatz von Aroma, nut Tabak.in der Herstellung dej Echnupftabaka beniitzt werden.
Der Schnupftabakgeniesser hat heute eine Auswahl von raindestens 40 verschiedenen Aromas, von Pfeffermiinz und Menthol bis zu Goldlackund Kosenduft; und schliesslich die neueste Smrte — die "ozonisierte Prise". Was fur ein Genuss !
Die Spanier waren es, die neben Rauchtabak auch Schnupftabak bei den Indianem in Amerika entdeckten; und echon auf der zweiten Reiss ine Nsue Land sah Columbus die Eingeborenen dieses geheimnisvolle Pulver in ihre Nass stecken. — Wie der Schnupftabak nach England kam und dort eingefiihrt wurde, will ich Dir heute nicht erzahlen, denn das war gar nicht schon, Eine eng® lische Flotte unter Sir George Rook iiberfiel die Spanier im Hafen von Sta. Maria und raubte mehrere tausend Faaser (50 Tonnen), die nach Plymouth gebracht wurden, wo die Beute zu 3 Pfennig das Pfund verkauft wurde* — Nachdem unsere moderns Welt schon ganz ii« berflutet von exotischen Parfums und Geriichen ist, ist wohl kauia vorauszusehen, dass dergoldene Staub” je seinen ehemaligen Ehrenplatz
► im Volksgebrauch wieder einnehmen wixd. Nichtsdestoweniger scheint mit dem Be* ginn des Winters der Gebrauch von Schnupf* tabak iromer wieder zuzunehmen, wie man auch immer wieder anonymen arztlichen Oder fachman* nischen Rat findet fur diesen Oder jenen NodeFiimmel. — Mtns Ist jedoch Tatsache, dass die Arbeiter in Schnupftabakfabriken g&nz selteaiaerweiEe von Mrkaltungen und Influenza befi*eit bleiben. - Und was tut man im Lager ? lan steckt sich Qukalyptus- : 1 in die Base, solang die Kantine noch Vorrat het; und dann - - vergisst man auf exottsche Geriiche und hofft, such ohne Schmalzler, auf das Beste. Be in Beutscher Kamerad.
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Bibliographic details
Ngā taipitopito pukapuka
Deutsche Stacheldraht-Post, Issue 119, 9 July 1944, Page 7
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Tapeke kupu
772BRIEFKASTEN Deutsche Stacheldraht-Post, Issue 119, 9 July 1944, Page 7
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