BRIEFKASTEN
I. Lieber Lager-Onkel I Zum Donnerkeil ! Da muss ich schon meinen Hut abnehmen vor Deinen Ratschlagen. Ich glau® be, Du musst Dich selbst etwas geschmeichelt fiihlen, wenn Du den neuen Arbeitsgeist schon gesehen hast. Deg* Lob ist naturlich — wann ist er es nicht — uns alien einen guten Kilometer vor= aus mit seinem Beispiel, und darum meistens schwer zu finden, veil er aich zu irgendwelcher Zeit in irgendeinem der 999 Arbeitsviertel des Lagers — und manchmal auch ausserhalb des Stacheldrahtes — befinden kann, Ja, und ich habe ihn schon gesehen, als er dabei war, mangelhafte Leistungen gewisser Kameraden zu verbessern. Anders konnte ich ihn mir ja gar nicht rorstellen, den “Blitzableiter” des La« gers, unseren lebhaften ’’Dr.Eiob Pratorius”. Schwer zu überfliigeln sind ebenfalls un« sere Kbche, die sich keine ?Mhe ersparen, um fur unser leibliches Wohl zu sorgen und Gesun® de und Kranke zu beftriedigen; die fruh morgens schon aufstehen, wenn sich so mancher noch
stundenlang unter den Bettdecken vergrabt; die darauf den ganzen Tag in der heissen Kiiche ver br ingen, ungesehen und im stillen, aber unernriidlich schaffend, auf dass drei zufriedenstellende ITahlzeiten piinktlich zustatten kommen; die danach made und ohne ausgesprochenes Lob zu Bette gehen miissen, um sich geniigend zu erholen fur den nachsten Tag, wlhrend sich noc] mancher verschiedens beschaftigen oder araiisieren kann. tier kann da noch murren Oder sich be
klagen? wer mochte es nur wagen ? Oh, es gibt noch eine gute Anzahl von Ka» meraden, die ebenfalls grosse Dienste leistcn und viel fur das Lager tun, bezw. Gemeinnutz vor Eigennutz setzen. Ich kann sie heute nicht alls aufzahlen; aber ich werde Dir nhchstens
noch einigo iTberraschungen bereiten, denn so mancher, ja jeder überzeugte Arbeiter, arbeitet im stillen und geht so natiirlicherweise se nes Weges, dass er in der Menge unbemerkt
bleibt. Er bedarf koines ausseren Lobes. Sein grosstes Lob ist in dem Gedanken, dass er seine Pflicht seinem Kameraden und Vaterlande ge«= genubar getan, dass er sie nach seinem beaten KJnnen erfiillt, und dass er dadurch das Gebot, seinem JJLtmenschen zu helfen — ohne welches
weder Frieden auf TQrden noch im Lager zustande
kommt —, beach
Nur zu gome mochte uns der Feind zur Selbstgier und Habsueht verleiten, weil er weiss, wozu das fiihrt. Die Zeitungen sind voll von Wiinschen, unsere "Morale” gebrochen zu sehen. Darum ist es die Aufgabe eines jeden Deutschen, in dieser schweren Sttinde, dass wir briiderlich zusammenhalten, uns gegenseitig helfen und uns zu keinerlei Uneinigkeiten oder Streitereien verleiten lassen. Warum soilton wir nicht, durch unsere Standhaftigkeit, die Moral des Feindes brechen ? Dieses soli unser Leitmotiv in diesero Jahre hinter dem Stacheldraht sein, als Dank fur alles, was wir unserem Vaterlande und unseren Frontsoldaten schuldig sind. TJnsere Liebe zu unserem Vaterlande in der Tat, das ist der beste Dank; denn die Tat betriigt nicht. - Dein Deutscher Kamerad. 11. Id eb er Kamerad !
Deine guten Vorshtze radchten ateejm jocloi einem jeden Onkel Freude bereiten. Abar hast Du Dicli dabei erinnert, dass dieses Jahr ein
/ Schaltjahr ist und Tag mehr hat? Nicht, dass Du dann mitten im Jahr zusammeribrichst und sagsts Ach! das hat* te ioh nicht gewusst ! - Na, ich werde ja sehen, wie wait Du kommst mit Deinen Vorsritzen, und ein guter Anfang ist jedenfalls besser als gar keiner. De in Lager - Onkel.
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Bibliographic details
Ngā taipitopito pukapuka
Deutsche Stacheldraht-Post, Issue 94, 9 January 1944, Page 6
Word count
Tapeke kupu
536BRIEFKASTEN Deutsche Stacheldraht-Post, Issue 94, 9 January 1944, Page 6
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