AN DER BAHRE UNSERER STACHELDRAHTPOST.
Verehrte Anweoondo, liebe Freunde, hochverehrte a Item und Verwand te unr-eres lieben Verblichenen !
K.W. hat ihn uns gegeben, K.U. hat ihn uns genommen, K.-.V. sei gedankt fur was er uns gab ! Dank auch alien, die wahrend des Lebens unseres jungen Freundes halfen und versuchten, ihm Kraft und Schßnhelt zu geben. Amen. Tieferschiittert schauen wir, die wir an der Bahre unseres Freundes stehen, auf sein stilles Antlitz, das nun bald fur immer unseren Blicken entzogen werden wird. Me konnte es nur so kommen, dass der, der gestem noch
so stark, heute zum Letztsn Jale unter una sein wird ? Unser Herz zittert, unser Herz stockt, und unsere Gedanken, die aich kaum in die Zukunft wagen, eine Zukunft ohne unseren Freund, klammem sich pldtzlich an die Bilder der Vergangenheit. Als vor 3 Jahren unser Freund das Licht der %elt erblickte, da erschien er uns als oin gafangener connenstrahl, der uns unsere Lunkelheit erleuchten wdrde. *as erwartete man nicht alles von dem Kind ! ir blieb bei idUl uns, er wurde uns vertraut und •••••••
■".lt der ’’ertrauthe-Hsetzte auch die nttauschung ein, die Kritik, das Norge In. Vie immer gab es viele, die am bestei wussten, was zur Erziehung und Erstarkung 4 des Kindes not tate, aber nur wenige, die gewillt waren, die taglichen Opfer zu bringen, die allein ’’.erte schaffen, und durch sie wirklich sum Leben des Zindes beizutragen. TMglich horte man grosee Reden, wie tausende von Kin* dem an Unterernfchrung sturban, nur wenige aber waren berait, einen Tail ihrer eigenen Nahrung diesem unserem Verstorbenen zu geben. Heute ist es zu sp&t. Zu spdt! - Zu spat!! Welch ein ©ntsetzlicher Zuruf. Was niitzen nun die Trdnen, was die stillen Vorwiirfe, was die Trenor? Zu spat ! Ermattet stehen die 21tem und die Helfer an der Bahre. Wohl driicken wir ihnen in Brauer die Hand, und mehr noch in Dankbarkeit, derm, dass unser Freund so lange unter une weilte, wir verdanken es ihnen, anches hat daa Kind uns gegeben, und es hatte solch schbner ?ann warden konnen und warden aollen. Jetzt Ist es zu spat. Ja, fur unsern Freund, der entschlafen, ist es zu spHt, aber nicht zu split ist es 9 an unsere Brust zu schlagen und ’’Culpa mea” zu sagen und ira Bewusstsein unserer Schuld dem Toten ein GelSbnis zu machen, wie man es ja immer den Toten und dem H zu sp£t” gegenuber tut. Nur diesel, Hebe Freunde, miissen es keine borte bleiben, die morgen schon vom Wind verweht sind, sondern, bei allein was wir wirklich lieben, eine feste Tat. Was wolite unser junger Freund? Uns Sonne bringen, Wttmo und Glauben in unsere Trostio* sigkeit. Warum? Er, auch er wollte an der neu* en Welt, die wir alia herbeisehnen, mitwirken. Nicht immer ist es ihra gelungen, denn auch er war ja noch von der alten Welt und nicnt von der neuen, die wir ja erst bauen wollen. Aber wo Hen wir eine neue .alt, dann mils sen wir uns eine bauen, wir alia, Du und ich und ich und Du. Liegt noch zu viel vom Skiaven in unserer Seele ? Dass wir den Andem allein aorgen lessen, oxine uns zu sagen, dass als Praia wir selber unser Teil aorgen mussen, denn wir alls miissen bauen. Hatten wir das go tan, so wdre auch unser Freund lebenskrliftiger geworden ,und anstatt ihn zu betrauem, Mtten wir ihn viel* leicht ala den Trager welterschiittemder, aufbauender Gedanken feiem kdnnen. Zu split!! Wie viel hhtte man ihm von DM unserer tieferen, ’’leichteren”, auf Jaden Fall besseren Seite geben kdnnen und durch ihn uns gegenseitig. Aber wir dachten an unsere eigenen Sorgen unser eigenes Ich, die in der Gefangenschaft so leicht alls Proportioned verlieren. Darum
wurde es zu darura. Nun sind wir hier, Abschied zu nehmen, und als letzten Aufruf — mogs es fUr jeden ein Geliibde warden — rufe ich Ihnen alien, meine lieben, nieine Hochgeehrtan, zu:
Denk nicht an kiinftige Geschafte, Venn’s da ist, gibt Gott Licht und Krafte. Im Vorrat hast cu’s ja nicht not, Was willst du laehr als tSglich Brot ? (1
An das Heute denkt ! Heute hilf den Wnschan ! Jeder helfe nach seiner Art. Falech Ist der Gadanke: ’lch braudhe niemand*; richtig allein
ist der Gedanke: ’lch brauche alia*. Wir sind
allo nur Tails des Ganzan, und nur in dem Canaan ist Harmonic. Ich brauche alls, wail ich
gabraucht sain will. Nur der, der wirklich ar» beitslos, ungewollt, gewesen ist, weiss Gabrau« chen und Gebraucht-werden zu schhtzon. Allo zuaammen in Vertrauen, Duldsarakeit und Froundschaft, und auf keinem anooron Wage bauen wir die naue Welt und aie neue Ordnung, nach dar wir uns sehnen. Und so: Wohlauf ’ Wohlan ! Tragen wir unseren Freund zu seiner Huhe, und mbge er als gute Taten in uns auferstehen und weiterleben. Aman.
(1 Nach Luther, in Gegensatz zur hissigen Intamierungs-Auffassung; Taglich Brot: Alles was zur Leibes Nahrung und Dotdurft notig ist. L.I.
EDEL SEI DER
HILFREICH UND GUT ?
DENN DAS ALLEIN
XHN
VON ALLEN ’OSEK,
DIE 'OT. rC.F
( Goethe.)
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Bibliographic details
Ngā taipitopito pukapuka
Deutsche Stacheldraht-Post, Issue 129, 1 October 1944, Page 3
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819AN DER BAHRE UNSERER STACHELDRAHTPOST. Deutsche Stacheldraht-Post, Issue 129, 1 October 1944, Page 3
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