BRIEFKASTEN
Lieber Lager-Onkel !
Ich hatte schon lange vor, Dir von unsere m grossen Lager-Geschaft, der unbeschrankten Paua-, -■'us ch el- und Knochen-Industrie,et« was zu erzahlen. Wohlbemerkt, nur etwas,weil dieses umfangreiche Gebiet nach der nahesu 5-jahrigen Jnternierungszeit schon mindestens ein ganzee Buch fallen wiirde, und teilweise auch, weil einige Kiinstler so im Geheimen arbeitan, dass es oft unmoglich ist, das Monopol ihrer kiinstlerischen Verfahren zu entdekken oder ihre neuesten Keisterwerke zu bewundarn. Der Grosswater und Grander dieser Industrie im Jager diirfte wohl Herr Coberger sein, der sich seinerzeit in Somes Island schon viel damit und gem des Abends beim Appell Oder bei besonderen Gelegenheiten mit seinen funkelnden Medallion erschien. Vie sich dieser Gcschaftsplan bewdhrte, ist daraus zu ersehen, dass sein Name bald überall bekannt wurde — selbst die DEUTSCHS STACF’GLDPAFTPOST brachte eine Karriketur — und dass inan von alien Sei ten zu ihm kam, uw Auftrage zu geben Oder sich schon fertige KunstsW.cke anzueignen. Wiewohl sich zu der Zeit noch mancher fiber die neue Industrie amsierte Oder pessimistisch dusserte, so griffen jedoch die Optimisten und die, welche die Gelegenheit gleich wahmahmen, bald zu den Feilen und Jaubsagen, um venigstens mit den Geheirnnissen dieser Goldmine Bekanntschaft zu raachen. An eine Opnosition war noch nicht zu denken. '’an musste sich erst die Sicherheit aneignen und das lehrgeld, das zu jeder Handarbeit nbtig ist, zahlen. Aber obgleich die alte immer noch einen bedeutenden Vorsprung bjatte, als wir Somes Insel vorliessen, so hatten sich doch schon neben Italienern, Japanem und Thailandem mehrere unserer Leute Überzeugt, dass es am >Jnde doch der Lube wert ist, sich mit dieser Sache abzugeben und die dazu n<sti *en Verkzeuge anzuschaffen. Ferr Coberger blieb bei seinem Deisten* Tikis, Schmetterlinge, Seepferde und dergleichen Broschen, Kravattennadeln und Anh.ingsel erschienen regelmassir in seinera"Schaufenster”. Hollinger, J-Hjller, Schechinger und machten dann ten «— in Martholz — nnd erziexteu xn
< kurzer Zeit Heistefllrke. Wieder andere wie die Herren Nehm und Leusohke poll irten ganze 3*K Huscheln, die mit Gips Oder Zement angefullt auf einem polierten Holzstander angebracht wurden und ein schones Geschenk darstellten. Herr Schulke und Gustav Gutteribeil machten auch Ring© aus Schildpatt, und Herr Leuschke legtt schon den Grundatein zur Zokosnuss- un< Khochen-Arbeit. Ba aber die® se Rohmaterislien zum Teil schwerer zu erhalten waren, so dauerte es auch nicht lange,bis sich selbst diese funstier hauptsachlich rait Paua beschaftigten. Nachden Herr Leuschke friiher hiibsche Giirtelscnnallen aus Kokosnuss hergestellt hatte, schnappte eines Tages nun Berner Jahnke die Idee, eine Giirtelsohnalle aus weissem Khochen zu arbeiten und lit ?aua- schel einzulegen. Ich glsube, sein Bruder veriertigte sie. Und nun gab es naturlich gleich wieder eine guts Zahl, die sich auf dies© neue Idee sturzten, und bald erschienen die schonsten Variationen von Sohnallen nit Satzen von Znopfen auf dem Markt. Unter anderen entdeckte man aie Herren Spemann, Retzlaff, David, Lundt in diesem Geschaftszweig, der aber nach einer kurzen Hochkonjunktur wieder einschlief. Nur Hans Braunias blieb einstweilen noch bei den Hanim- Oder Pilgermuscheln (Scallops), weil er hierbei noch seine Inlerkunst ausiiben konnte; ah er heutzutfge scheint auch bet ihm schon das interesse fur den natiirlichen Glanz der Paua-Huschel zu überwiegen. - Ala wir dann hier in Pahiatua ankamen,gab es erst eine Henge Arbeit,uro das Jager einiger® msssen einzurichten. Hs existierte koine Arbeitshiitte, u d in Hegen und kalten Wetter wagte man sich noch nicht so eilig hinaus ins FTeie» In den Hiitten wollte man aber den PauaStaub auch nicht haben. Allmahlich,fast unbemerkt, erschien ein Holzbock nach dem anderen — wie schwer auch das Holz dazu aufzutreiben war — in den unmoglichsten windgeschiitzten Ecken des lagers; und wie die Sonne wanderte, so mussten such die Arbeitsviertel dementsprechend umgewechselt warden. Das gab nun Altmeister Coberger den Anlass, sich ein Loch zu graben und dasselbe mit Windschutz zu ver—sehen. Dieses erregte grosses Aufsehen und teilte jadem mit, dass die alte Firma wieder aktiv war.(l)er Alte hingegen musste sicr. bei seiner Inspektionsrunde jedesmal überzeugen, ob kein Ausbruc isversuch im Gange war). Und wie Champignons wuahsen nun Arbeitsstatten alter Art im Freien, bis sich nach neujfn ?/fonaten die Autoritaten gezwungen. sahen, einige Zelte fur unermiidlichen Kun aufzubauen.
Hess sich durch nichts anfechten ' blieb in seiner Burg, wo er jetzt Gross-Produktion betreibt. Papa Leusolike hat einen warr en Stammsitz auf halbem V.ege und wurde schon wh’hrend sines w«r®i« schauers dort gesehen. Ferr Scheohinger hatte sich in einer Fcke, zwischen Latrine und Fliigel I), ein geheimes Platzchen reserviert und sich bereits zum Geschaftskonkurrenten empor* gearbeitet. Und als sich Werner.Jahnke richtig in die Arbeit stiirzte, schwang er sich kraft seines kiinstlerischen Auges binnen kurzero beflugelt zu den Spitzenlaufern. Die undankbare Kinderschuh-Periode war voruber. Man sah, wie sich die Sache rentierte. Hit jeder Woche traten neue Tntereseenten in die Industrie ein, sodass jetzt die 2’ahl derer, die sich noch gar nicht irgendwie da«= ran beteiligt heben, an den Fingern abznhlbar ist. Alle Stadien vom Kiinstler bis zum Lehrling sind vertreten, und es w s re aine zu schwere Aufgabe, sie alle hi er der Reihenfolge nach aufzuzahlen. Du brauchst nur irgenc eires schbnen Tages am . orgen um 8 I/hr am Tore zu sein und die Werkzeug-Auspabe zu verfolgen, Oder besser noch, die Runde im Mg* Lager zu machen, und Du wirst staunen, wie viele Du in ihrem Geschaftsbereich finden wirst. der iriihere Ktichen-Chef, unser Redakteur, "Heine "Dr.Hiob Prato® rius”, "Shunderson", '•Dr.Watson”, “Sherlok Holmes" und "Der Schlafende Kngel" tauchten letzthin in den Armen unserer Industrie auf, sicherlich mit Tnteresse, hoftentlich mit Talent. Ja, das Ansehen und die ’/ohlhabenheit der Industrie sind erstaunlich gestiegen.Kein Wunder, dass mit der allgemeinen Hebung des kiinstlerischen Niveaus die hachfrage nach den Produkten unserer Industrie auf dem IPrkt entsprechend stiegl - Die zur Anwendung kowmenden Instruments gehen vom selbstgefettigten Heissel bis zum elektrischen Polier-Apparat. Dauemd werden neue J/ioglichkeiten ausprobiert, neue Formen entworfen* fan sieht heute Buchstaben in verschiedenen Grosser und Schrift* arten, Tiere und Vogel aller Art, <urnblatter, Herzen,Areuze, Armbander und Itenschettenknopfe, liadelkissen, Briefbeschwerer und Tinten® fasser, reine Paua-Arbeit Oder eingelegt in Holz, Knochen oder Hirschhom, angeklebte wie angenietete Nadeln, usw. Gross ist schon ( i* Auswahl, und immer noch erbffnen sich neue Gebiete. Unzweifelhaft ist viel den Griindem dieser Industrie zu verdanken, die so aazu bei* trugen, eine solche Arbaitslust im Lager zu erweoken, wobei schon unzMhlige dtunden hin-
t' r dem Stacheldraht niitzlich ver* bracht warden. Wie dankbar muss eine Pamilie sein, wenn ihr auf dies© Art und Weise ge lolien warden kann ! Und ein Ge* schenk beza. '’jidenken empfangen, welches eon der Hand de.? -eberz selbst angefertigt wurde, ist eine ganz besondere Preudel Ich sc' l'er e ait einigei orzeic nungen, Grundlage zu jeder Juwelenßrbeit. Daraus wirst Du seh.;n, derjenige, der zeichnen und neue .. -e ent Lckeln kann, Giner. ausge* sprochenen Vorteil auf diesem Gebiet besitzt.
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Bibliographic details
Ngā taipitopito pukapuka
Deutsche Stacheldraht-Post, Issue 106, 2 April 1944, Page 5
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